Präanalytik
EINLEITUNG
Ein leider oft zu wenig beachtetes Thema ist die Präanalytik, also sämtliche
Teilschritte von der Gewinnung der Probe bis zu ihrer Messung. Fehler
während dieser Zeit sind die häufigste Ursache für klinisch unplausible
Resultate.
Einflussgrößen
Unveränderlich | Veränderlich |
Alter | Ernährung |
Geschlecht | Entnahmezeitpunkt |
Rasse | Körperlage, Aktivität |
Viele dieser Einflüsse sind bekannt und teilweise bereits in unseren Referenzwerten berücksichtigt.
Patientenvorbereitung
Idealerweise erfolgt eine Blutentnahme am liegenden, nüchternen Probanden um
07.00 Uhr Früh. Da dies nicht immer realisierbar ist, sollte die
Blutentnahme zumindest immer unter denselben Bedingungen durchgeführt
werden. Gewisse Parameter wie Absorptions-, Toleranztests und die Bestimmung
von Katecholaminen verlangen das Einhalten spezieller Diätvorschriften! Der
Patient ist über die korrekte Sammeltechnik genau zu instruieren.
BLUT
Etikettierung der Blutröhrchen
Jedes Blutröhrchen muss mit dem richtigen Patientenetikett beklebt
sein (unbeschriftetes Material kann nicht angenommen werden). Etiketten bitte
senkrecht auf die Röhrchen kleben, sodass Füllstand, Markierungslinie und Art
des Röhrchens ersichtlich und Anforderungsnummer oben sind. Eine korrekte
Entnahme hilft, viele Fehlerquellen auszuschalten.
Etikett für Fremdversand
FR (Fremdversand)-Material Kürzel (Röhrchen)-Krankenhauskürzel (Fremdlabor)
Kürzel | Röhrchen |
Cit | Citratröhrchen (blau) |
EDT | EDTA-Röhrchen (violett) |
Harn | Harnröhrchen (gelb) |
Hep | Heparinröhrchen (grün) |
Liq | Liquorröhrchen (gelb) |
Pun | Punktatröhrchen (grün) |
Ser | Serumröhrchen (rot) |
Stuhl | Stuhlprobe |
Xyz | unterschiedliche oder mehrere Röhrchen |
Gerinnungshemmende Zusätze
Gerinnungshemmende Zusätze in den Entnahmeröhrchen können manche Tests stören.
Die Farbkodierung ist deshalb strikt zu beachten.
Senkungs-Röhrchen (schwarz)
müssen bis knapp unter den Stöpselrand gefüllt werden, da sonst eine korrekte
Analyse nicht möglich ist. Sofort nach der Abnahme gut mischen, um eine
Gerinnselbildung zu vermeiden.
EDTA-Röhrchen (violett)
wird gefordert für die Bestimmung von Blutbild, NH3 und HbA1c, genetische
Untersuchungen, Leukozytentypisierung, etc. Sofort nach der Abnahme gut
mischen, um eine Gerinnselbildung zu vermeiden.
Gerinnungs-Röhrchen (blau)
müssen unbedingt bis zur Markierung gefüllt werden, um korrekte Resultate zu
ermöglichen. Schaumbildung bei der Entnahme ist zu vermeiden. Auf keinen Fall
darf der Inhalt mit einem anderen Röhrchen komplettiert werden. Bei
unvollständiger Füllung muss eine erneute Probe entnommen werden. Sofort nach
der Abnahme gut mischen, um eine Gerinnselbildung zu vermeiden. Für den
Thrombozytenfunktionstest sind spezielle Abnahmevorschriften zu beachten.
Heparin-Röhrchen (grün) bzw. Serum-Röhrchen (rot)
hier hat die Füllhöhe auf die Richtigkeit der Analyse keinen Einfluss. Um
jedoch die Summe der Parameter bewältigen zu können, wäre ein volles Röhrchen
von Vorteil.
Häufige Störungen
Venöse Stauung darf nur kurzfristig angelegt werden. Empfohlen werden 30 Sek. Eine Minute sollte nicht überschritten werden, da es sonst zu einer Aufkonzentrierung von makromolekularen Substanzen wie Enzymen, Lipiden und Proteinen und daran gebundenen Elektrolyten wie Calcium und Magnesium kommt. Eine aufrechte Körperhaltung hat denselben Effekt.
Repetierter Faustschluss Pumpen während der Blutentnahme führt zu einem Anstieg von Kalium und Magnesium.
Starke körperliche Belastung und einige therapeutische und diagnostische Maßnahmen wie i.m. Injektionen und Prostatapalpation führen zum Anstieg von diversen Enzymen und Substraten.
Angabe des Entnahmezeitpunktes Die Angabe des Entnahmezeitpunktes ist besonders wichtig bei Parametern, die circadianen Rhythmen unterliegen, z.B. auch Eisen und Cortisol.
Nahrungsaufnahme vor der Entnahme ist zu unterlassen, da sehr viele Parameter dadurch verändert werden. Für einige Parameter existieren spezielle Diätvorschriften.
Lagerung und Transport Grundsätzlich soll eine Probe nicht gelagert werden, sondern unmittelbar nach der Abnahme ins Labor gebracht werden. Ein zu langes Intervall (>1h) zwischen Blutentnahme und Abtrennen der zellulären Bestandteile führt z.B. zu einem Anstieg von Kalium und Verlust von Glukose.
Spezielle Vorschriften
Für einige Parameter wie z.B. ACTH, Calcitonin, Neopterin, PTH
usw. existieren spezielle Vorschriften für den Transport.
Hämolyse (durch fehlerhafte Entnahme, durch falsche
Lagerung u.v.m.) im Plasma/Serum führt zu Anstieg von Kalium und einer Reihe
von Enzymen, z.B. LDH, CK, AST. Außerdem stört die durch Häm bedingte
Eigenfärbung bei einer Reihe von Farbreaktionen.
Ikterisches Plasma/Serum kann bei Absorptionsmessungen im
Bereich zwischen 400-500 nm interferieren.
Lipämie des Plasmas/Serums führt durch Verdrängungseffekte zu einer scheinbaren Erniedrigung der Elektrolyte (Natrium, Kalium, Calcium). Die Trübung kann bei Turbidimetrie- und Absorptionsmessungen stören.
Arzneimittel
(einschließlich Plasmaexpander) und ihre Metabolite zeigen
Interferenzen durch Eigenfarbe (Rifampicin, Antrachinone), durch Fluoreszenz
(Tetrazykline), durch reduzierende Eigenschaften (Ascorbinsäure, Dopa) oder
durch Chelatbildung (Phenothiazine). Generell ist zu beachten, dass
Arzneimittel die Resultate von Laboranalysen nicht nur durch methodische
Interferenzen beeinflussen können, sondern dass häufiger unbekannte resp.
unerwartete pharmakologische Effekte in-vivo zu Veränderungen führen.
HARN
SpontanharnN
Spontanharnproben sind eher für qualitative Aussagen geeignet (Ausnahme:
Porphyrine wegen geringer HWZ). Sind exakte quantitative Aussagen erwünscht,
sollte die Bestimmung aus dem Sammelharn angestrebt werden. Generell wird
die Bestimmung der Parameter im Spontanharn aus dem zweiten Morgenurin
empfohlen. Beim Drogenschnelltest und beim Schwangerschaftstest kann jeder
Spontanharn zur Anwendung kommen. Prinzipiell sind dem Spontanharn keine
Stabilisatoren zuzusetzen, nur bei der Messung von Porphyrinen im
Spontanharn sollen spezielle Gefäße mit Zusätzen (erhältlich im Labor)
Verwendung finden.
Für den Harnstreifentest und Sedimentuntersuchungen wird Mittelstrahlharn
benötigt. Gerade hier sind genaue Instruktionen des Patienten notwendig:
Reinigung von Händen und Genitalien, Sammlung des Mittelstrahls ohne
Unterbrechen der Miktion.
Sammelharn (24-Stunden-Harn, evtl. auch kürzere
Perioden)
Um eine korrekte Messung durch das Labor zu gewährleisten, sind die
entsprechenden Sammelvorschriften (evtl. notwendige Stabilisatoren)
unbedingt zu beachten. Insbesondere ist der Patient genau zu
instruieren:
Der erste Morgenharn ist zu verwerfen. Die Sammelzeit beginnt mit dem
zweiten Morgenharn. Ein allfälliger Zusatz ist bereits vorzulegen. Sämtliche
Miktionen während des Tages und der folgenden Nacht in das Sammelgefäß
geben. Der erste Morgenharn des nächsten Tages wird als letzte Portion
gesammelt.
Nach Abschluss der Sammelperiode muss der gesamte Inhalt gut gemischt
werden. Das Gesamtvolumen ist zu bestimmen und im vorgesehenen Feld der
EDV-Maske oder auf dem Anforderungsschein anzugeben, ebenso muss die
Sammelzeit eingetragen werden. Ca. 7 ml des eben gemischten Sammelharns sind
in ein Harnröhrchen (gelb) abzufüllen und in das Labor zu bringen. Auch auf
diesem Harnröhrchen ist das Gesamtvolumen und die Sammelzeit zu
vermerken.
Bei Harnsammlung im Rahmen von Funktionstests (D-Xylose-Test,
Pankreoauryltest, Dexamethason-Hemmtest-Hochdosis, Durstversuch,
Desmopressin-Test) sind besondere Prozeduren zu berücksichtigen.
Spezielle Vorschriften für Sammelharn
Calcium und Phosphat
Beim Harnsammeln über 24 Stunden bildet sich ohne Säurezusatz ein Sediment,
welches zu einem großen Teil aus schwerlöslichen, anorganischen Salzen
besteht (z.B. Calciumphosphat, Calciumoxalat, Magnesiumammoniumphosphat).
Das Dekantieren von Harn für die Laboruntersuchung hat zur Folge, dass die
schwerlöslichen Salze, die sich als Sediment am Boden des Sammelgefäßes
angesammelt haben, bei der Laboruntersuchung nicht miterfasst werden. Dies
führt zu falsch tiefen Calcium- und Phosphatwerten im Harn. Durch Zugabe von
Salzsäure zum Harn können diese Salze in Lösung gehalten werden. Dabei ist
ein pH-Wert von <2 einzuhalten.
Harnsammelgefäß mit vorgelegter Salzsäure (10 g HCl 25%) verwenden - in der
Apotheke zu beziehen.
Katecholamine, Homovanillinsäure, Vanillinmandelsäure (VMS) und
5-Hydroxyindol-essigsäure (HIES)
Einen Tag vor und während der Harnsammlung sind zu vermeiden:
Vanille-haltige Nahrungsmittel, ferner Ananas, Bananen, Walnüsse, Kaffee,
Schokolade, Schwarztee und pflanzliche Nahrungsmittel, außerdem
Antirheumatika, die Gentisinsäure oder Homogentisinsäure enthalten.
Harnsammelgefäß mit 10 g HCl 25% Salzsäure (für Katecholamine, VMS, HVS)
bzw. 10 ml Eisessig (für 5-HIES) verwenden - in der Apotheke zu
beziehen.
Beta 2-Mikroglobulin (BMG)
Da BMG in saurem Harn (pH <6) sehr unstabil ist, muss der Harn nach jeder
neuen Harnportion leicht alkalisiert werden: Dazu wird tropfenweise 1N
Natronlauge dem Harn zugefügt und der pH-Wert mit Universalindikator-Papier
kontrolliert beides in der Apotheke zu beziehen. Wenn sich das
Indikatorpapier grün bis grün/blau verfärbt, ist der gewünschte pH-Wert
(zwischen 7 und 8) erreicht.
Analysen, die nur |
Analysen, die auch aus angesäuertem Harn durchgeführt werden können: |
Analysen, die nur ohne Säurezusatz durchgeführt werden können: |
Calcium | Natrium | pH-Wert |
Phosphat | Kalium | Chlorid |
Kupfer | Harnstoff | Osmolalität |
Kortisol | Kreatinin | Harnsäure |
Aldosteron | Glukose | Eiweiß, Albumin |
Katecholamine | Porphyrine gesamt | Protein-Differenzierung |
Homovanillinsäure | Pankreas-Amylase | |
Vanillinmandelsäure | Crosslinks | |
5-Hydroxyindolessigsäure | Hydroxyprolin |
der Harn an zwei verschiedenen Tagen gesammelt werden.
KONKREMENTE
Trocken und ohne Zusätze in ein sauberes und verschließbares Gefäß geben. Keine
Zugabe von Formalin! Bitte solides Transportgefäß verwenden.
LIQUOR
Mit Blut vermischter Liquor ist für chemische Analysen ungeeignet. Bei der
Sammlung wird empfohlen, die ersten Tropfen zu verwerfen. Gesammelt wird am
besten in drei Entnahmeröhrchen (nur die sterilen Röhrchen mit gelben
Schraubverschluss verwenden). Liquor sofort nach Entnahme im Labor abliefern
(Zellzählung muss rasch erfolgen)!
PUNKTATE UND SONDERMATERIALIEN
Nur die großen 9 ml Heparin-Röhrchen (grün) verwenden. Bitte Art des
Materials und Punktionsstelle angeben!
FAECES
Das Material rasch im Labor abliefern. Im Normalfall genügt eine ca.
haselnussgroße Portion (bei flüssigem Stuhl ca. 1-2 ml) in einem dafür
vorgesehenen Sammelgefäß.
Bis zum Transport kühl (4°C) lagern. Für einige Parameter (z.B. Hämoccult)
müssen entsprechende diätetische Vorschriften beachtet werden, da nur so
sinnvolle Aussagen möglich sind.
SPERMA
Bitte für Abnahme steriles Plastikgefäß verwenden. Zuweisung von Spermiogrammen
nur über die Tagesklinik (Vinzentklinik) oder die Urologie und nur nach
telefonischer Terminvereinbarung im andrologischen Labor (DW 3710).